In jeder Redewendung liegt ein Stückchen Wahrheit. Es wird zum Beispiel behauptet, dass Bodybuilding „ein Sport ist, der Geist und Körper beansprucht". Bodybuilder müssen sich einigen psychologischen Herausforderungen stellen: von der Brutalität der Trainingseinheiten im Kraftraum bis zum anhaltenden Hungergefühl während der Vorbereitungszeit; Die mentale Anstrengung ist mit der physischen verknüpft, insbesondere wenn die maximale Konzentration angestrebt wird, damit der Zielmuskel am meisten trainiert wird.
Abgesehen von den verschiedenen Methoden und Techniken des Bodybuilding-Trainings ist diese Geist-Muskel-Verbindung die wesentliche Komponente für den Muskelaufbau und die Entwicklung einer bemerkenswerten Bodybuilder-Körperlichkeit. Bodybuilder, die die Geist-Muskel-Verbindung maximieren, haben einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen „Liftern", die sich im Wesentlichen darauf konzentrieren, ein bestimmtes Training mit der maximal möglichen Last durchzuführen.
Es kann Jahre dauern, eine Geist-Muskel-Verbindung aufzubauen. Deshalb ist dieses Thema besonders spannend und verdient Aufmerksamkeit.
Dieser erste der drei Artikel, die wir veröffentlichen werden, behandelt drei Hauptthemen, die erklären, wie die Geist-Muskel-Verbindung maximiert werden kann („mastering the mind-muscle connection"):
- Die Physiologie der Geist-Muskel-Verbindung.
- Die neuronale Steuerung der Muskelaktivierung und der Nachweis, dass die Verbindung zwischen Geist und Muskel mit dem richtigen Mindset tatsächlich möglich ist.
- Die Strategien, die sowohl aus der Literatur als auch aus der Praxis abgeleitet wurden, um Ihnen zu helfen, diese Verbindung während der Trainingseinheiten herzustellen.
Bodybuilding ist unnatürlich!
Der Querkopf in mir sieht Bodybuilding als eine Art „unnatürlichen Akt" an. Tatsächlich scheint es aus evolutionärer Sicht nicht sinnvoll zu sein, ein Gewicht von einem Punkt auf einen anderen zu verlagern, um Muskelunempfindlichkeit (eine hypertrophe Reaktion des Muskels) hervorzurufen. Natürlich könnte man behaupten, dass wir als soziale Wesen einen muskulöseren und tonischen Körper als Sexappeal nutzen (1).
Abgesehen davon wurde die Auffassung, dass Muskelwachstum eine adaptive Reaktion auf Krafttraining (Strength Training) ist (2), in der Literatur neu bewertet. Es wurde suggeriert, dass diese hypertrophen Zuwächse nur ein Nebeneffekt dessen sind, was größtenteils ein Anpassungsprozess mit neurologischen Wurzeln ist (3).
Es ist alles eine Frage des Anreizes
Auf jeden Fall sind wir Bodybuilding-Fans genau wegen der Hypotrophie hier, und diejenigen von Ihnen, die mit Ihren schwachen Stellen kämpfen, können bestimmte Eigenschaften erkennen, die wir als stimulierend für das Muskelwachstum ansehen. Einige Muskeln scheinen aktiv zu werden, pumpen sich auf und wachsen sogar ziemlich gut. Umgekehrt scheinen andere ganz andere Anforderungen an den Wiederaufbau zu haben, was eine „chirurgische Hand" erfordert, wenn es um das Steuern der Intensität, des Volumens und der Häufigkeit des Trainingsreizes geht. [Ich habe darüber in meinem Buch „Be Your Own Bodybuilding Coach (4)" geschrieben]. Kurz gesagt, die Arbeit und die Stärkung von schwachen Muskelgruppen basiert auf drei Punkten:
- Die richtigen motorischen Schemen (Trainingseinheiten) für jede einzelne Person auswählen, damit die Ziel-Muskelgruppe beansprucht wird. Also an deren eigener Geist-Muskel-Verbindung arbeiten.
- Der Häufigkeit der Trainingseinheiten, die Abfolge der Übungen und die Satz- und Wiederholungsschemen besondere Beachtung schenken.
- Volumen und Erholung gut abwägen (auf das Timing, die Ernährung, die Ergänzung usw. achten).
Zunächst beginnen wir mit der Definition der Geist-Muskel-Verbindung (auf Englisch, MMC oder Mind-Muscle Connection). Die MMC repräsentiert die neurologische Fähigkeit, ein oder mehrere motorische Schemen eines Widerstandstrainings (Resistance Training) durchzuführen, sodass die Zielmuskulatur (oder die Ziel-Muskelgruppen, wenn es sich um mehr als eine Muskulatur handelt): der Prime Mover desselben Schemas ist; sowohl in Bezug auf metabolischen Stress als auch in Bezug auf mechanische Spannungen massiv involviert ist; idealerweise das schwache Glied (weak link) dieses motorischen Schemas ist, damit die Performance durch die Fähigkeit, ihre eigene Kraft auszudrücken (force outbut), begrenzt wird.
Diese Definition besagt, dass die Geist-Muskel-Verbindung darauf basiert, dass die Ziel- Muskelgruppe zum Zentrum des Impulses einer bestimmten Übung wird, so dass sie den größten Teil des Stresses absorbiert und folglich als adaptive Antwort auf diese Übung fungiert (im größtmöglichen Prozentsatz Anm.d.V.). Dies kann offensichtlich erreicht werden, indem man sich mental auf diese Ziel-Muskelgruppe konzentriert, sie fühlt und sie sich vorstellt. Allgemeines Arbeiten an unserem eignen Muskelsinn (5-9).
Vor dem Satz können wir zudem Visualisierungstechniken anwenden. Studien über den Einfluss von mentalen Bildern im Kraftraum konzentrierten sich hauptsächlich auf Kraftzuwächse (10-16), die logischerweise keine idealen Techniken für MMC darstellen. (Siehe „Attentional Focus" im Abschnitt „Mind-Muscole Connection: Hacking Our Own Noggins”" des zweiten Teils dieses Artikels.)
Es reicht aus, sich vorzustellen, ein Gewicht zu heben, um beispielsweise eine Ellbogenflexion während eines Curls auszuführen, ohne diese Geste tatsächlich auszuführen, um eine Kraftsteigerung von 15-30 % mit relativen Gewinnen im hypertrophen Sinn (17) und eine Zunahme der Gehirnaktivität (11) zu bewirken. Durch meine praktischen Erfahrungen als Trainer und Athlet kann ich behaupten, dass die Technik der mentalen Bilder besonders effektiv ist, wenn die auszuführenden Schemen recht einfach sind, eine kognitive Komponente haben (18) und besagte Bilder mit der tatsächlichen Praxis in Verbindung stehen (7, 8).
Vorsicht: Es gibt immer eine minimale Verzögerung zwischen der Anordnung des mentalen Schemas und der tatsächlichen Ausführung der Geste. Wir müssen sicherstellen, dass das Erste nicht die Überhand gewinnt und dass für den effektiven „Muskelsinn" genügend „neuraler Raum" vorhanden ist!
Kann die Geist-Muskel-Verbindung die körperlichen Ergebnisse beeinflussen?
Die Verbindung Geist-Muskel ist das Herzstück der Bodybuilding-Forschung, das Medium, mit dem die Muskulatur aufgebaut und geformt wird. Natürlich führt Krafttraining zu einer spezifischen hypertrophen Reaktion auf trainierte Muskelgruppen. Die Art und Weise, wie jeder sein eigenes schwaches Muskelgewebe weiterentwickelt, hängt von der Art des Trainings ab.
Sogar Übungen, die anatomisch gesehen das gleiche Bewegungsmuster bei einer bestimmten Artikulation aufweisen, führen nicht zu einem analogen Aufbau der Ziel-Muskelgruppe.
Stellen wir uns den Quadrizeps vor. Welche Verbesserung wird jemand haben, der ihn nur mit Extensions (zum Beispiel Beinextensions) trainiert, währenddessen sein hypothetischer Zwilling, ein breiteres Spektrum von Übungen verwendet (Squat, Hack Squat, Sissy Squat, Leg Press usw.)? (Wir verweisen auf die Bücher von Per Tesh „Target Bodybuilding" (19) und "Muscle meets Magnet" (20), die Magnetresonanzen bei verschiedenen Muskelbeanspruchungen zeigen, die wir Bodybuilder seit Jahren kennen).
Es ist bekannt, dass das Muskelwachstum in der Länge des Muskels nicht gleichmäßig ist, im Allgemeinen ist es in der Mitte im Muskelbauch breiter (21). Dies hängt von der Muskelaktivierung im Muskelbauch ab (22). Wir können diese unterschiedliche Rekrutierung beispielsweise in einer Muskelgruppe mit mehreren Köpfen, wie z.B. beim Oberschenkelmuskel beobachten, in dem sowohl die Bilder der Magnetresonanzen als auch die EMG-Messungen diese Art der raumspezifischen oder („zonenspezifischen" Anm.d.V.) Aktivierung gezeigt haben (23,24).
Je nachdem, wie man eine Muskelgruppe aktiviert, bestimmt also, wie und wie stark sie wachsen wird!
Im zweiten Artikel werden wir uns sowohl psychologisch als auch neurologisch eingehender mit der Verbindung zwischen Geist und Muskel befassen. Die Schlussfolgerungen geben uns Recht und die Beweise zeigen, dass die Verbindung zwischen Geist und Muskel möglich ist und durch Übung verbessert werden kann.
(Geschrieben in Zusammenarbeit mit Dr. Scott W. Stevenson, PhD)
Literaturverzeichnis
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3. Loenneke JP, Buckner SL, Dankel SJ, and Abe T. Exercise-Induced Changes in Muscle Size do not Contribute to Exercise-Induced Changes in Muscle Strength. Sports Medicine https://doi.org/10.1007/s40279-019-01106-9
4. Stevenson SW. Be Your Own Bodybuilding Coach™. Scott W. Stevenson, 2018, p. 438. 978-0-9904718-1-3 https://smile.amazon.com/gp/offer-listing/0990471810/ref=sr_1_1_olp?ie=UTF8&qid=1535548321&sr=8-1&keywords=be+your+own+bodybuilding+coach
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